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Fachbeitrag von Nils Hille, Geschäftsführer der Deutschen Akademie für Public Relations, Düsseldorf

In der Kommunikationsbranche schaffen es fehlerbehaftete Bewerbungen trotz Fachkräftemangel nicht in die engere Auswahl. Agenturchefs und Leiter Unternehmenskommunikation prüfen vor allem Sorgfalt und Motivation, bevor sie Kandidaten einladen. Rechtschreibfehler und Grammatikmängel, unvollständige Unterlagen, Allgemeinplätze und Fauxpas in der Anrede oder im Anschreiben – die Variantenliste des schlechten ersten Eindrucks bei Bewerbungen ist lang. Selbst die Kommunikationsbranche, die das saubere Texten eigentlich schon als Grundkompetenz mitbringen sollte, ist hier alles andere als eine Ausnahme.

KommPassion Logo Wer sagt, wo es langgeht und wer passt sich an – Chef oder Mitarbeiter? Wieso eigentlich nicht beide? Was wir aus unserer Evolutionsgeschichte für die Agenturkarriere lernen können.

Autoren: Tobias Bruse (Berater komm.passion) und Prof. Dr. Alexander Güttler (CEO komm.passion, Düsseldorf)

Nicht die größten oder stärksten Lebewesen sind die „Sieger“ der Evolution. Überleben gelingt immer denen, die sich am besten und schnellsten an Umweltveränderungen anpassen. Das beste Beispiel dafür liest gerade diesen Text: der Mensch. Menschen sind weder besonders stark oder fit. Unsere Urahnen waren vermutlich nicht mal sonderlich intelligent. Und doch stehen wir an der Spitze der Nahrungskette. Warum? Weil wir uns zügiger an unsere Umwelt angepasst haben als alle anderen Lebewesen. Das gelang uns so lange, bis wir irgendwann unsere Umwelt an uns anpassen konnten. Wir haben Wälder gerodet, wir haben Staudämme gebaut. Wir fingen an, in Hütten zu leben – später in Häusern, in Luxusvillen. Wir besiegten sogar tödliche Krankheiten.

Die kurze Antwort: weil die Arbeitswelt 4.0 nicht mit der Unternehmenskultur 1.0 funktioniert. Gut, das ist nun ein wenig kurz und pointiert auf den Punkt gebracht. Wollen wir uns die Mühe machen, einen kleinen Blick auf die Realität zu werfen. Menschen verlassen in der Regel Menschen. Natürlich spielt auch der Karrierewunsch nach einem Sprung nach oben eine große Rolle, doch bevor dieser kommt, muss ja jemand die Initialzündung geben. Indeed hat ermittelt, dass 85 % aller Beschäftigen sich Stellenanzeigen anschauen. Wer auf Facebook ist, weiß, wie oft einem da durchaus spannende Jobtitel angezeigt werden. Und wenn etwas neugierig macht, klickt man natürlich drauf. Viel wichtiger finde ich hingegen die folgende Statistik von Indeed: 91 % der erwachsenen Arbeitnehmer, die im letzten Jahr eingestellt wurden, reagieren erneut wieder auf Stellenanzeigen.

Die Unternehmensberatung Meta HR und das Jobportal Stellenanzeigen.de haben untersucht, was die wichtigsten Trends im Recruiting im kommenden Jahr sind. Dazu haben die Experten die Studie "Recruiter Experience" erstellt. Das Fachmagazin "werben & verkaufen" hat über die Studie berichtet und vier Tipps aufgeschrieben, wie man erfolgreich neue Talente findet. Recruiting würde zur Beziehungspflege, digitale Kompetenzen könnten dabei nützlich werden. Also: Networking statt Stellenausschreibung.

70 Prozent der Deutschen steckten bereits in einem ungeliebten Job fest. Die Reißleine ziehen aber nur die Wenigsten in einer solchen Situation sofort. Im Schnitt warten Arbeitnehmer elf Monate, bevor sie eine neue Bewerbung überhaupt in Betracht ziehen. Dabei ist mangelndes Selbstvertrauen häufig der Grund für dieses Zögern. Das hat das weltweit größte Karrierenetzwerk LinkedIn in einer repräsentativen Umfrage ermittelt. Knapp ein Drittel (31 Prozent) der Befragten hat sich schon mal aus diesem Grund gegen eine Bewerbung entschieden.