Studie analysiert 22.000 Betriebe in Deutschland zum Arbeitsklima, der Fairness und der Unternehmenskultur. In vielen Unternehmen mangelt es an qualifizierten Fachkräften, im Wettbewerb um diese Arbeitskräfte müssen Arbeitgeber ihre Anziehungskraft stärken. Bewerber schauen dabei sehr genau, welche Firma mit einer Unternehmenskultur punktet, die auf gute Führung, Teamarbeit und eine positive Atmosphäre abzielt. Auch die Arbeitsbedingungen mit Homeoffice-Möglichkeiten, einer attraktiven Vergütung und guter Work-Life-Balance spielen eine Rolle. Vor allem fordern Fachkräfte Wertschätzung, Chancengleichheit und Inklusion - kurzum, Fairness im Beruf. 820 Unternehmen in Deutschland können mit diesen Bedingungen aufwarten.
Das zeigt die Studie "Höchste Fairness im Job 2022" des Instituts für
Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF). Im Auftrag von Focus Money
wurden dabei 22.000 deutsche Unternehmen untersucht. Primus in der Branche
Elektrofachmärkte ist etwa Euronics, in der Zentrale in Ditzingen nahe
Stuttgart erwartet Mitarbeiter eine familiäre und teamorientierte
Atmosphäre. Weitere Auszeichnungen erhalten Saturn und Expert.
Zu den fairsten Unternehmen Deutschlands gehört auch die Wuppertaler
Traditionsfirma Vorwerk. Der Haushaltselektrogeräte-Hersteller lockt mit
individuellen Weiterbildungen und Förderprogrammen für die persönliche
Karriere. In dieser Branche wurden zehn Firmen ausgezeichnet. Den zweiten
Platz belegte hier die Tochter eines chinesischen Konzerns Haier
Deutschland. Auf Platz drei folgt Bauknecht, wo etablierte Ethikrichtlinien
eine respektvolle Zusammenarbeit unabhängig von der ethnischen und sozialen
Herkunft ermöglichen.
In der traditionell deutschen Branche der Maschinen- und
Anlagenbauunternehmen wurden ebenfalls beachtliche zehn Betriebe
ausgezeichnet. Die Nase vorn hat ZF Friedrichshafen. Bei dem weltweit
drittgrößten Automobilzulieferer ist die Arbeitsatmosphäre geprägt von
gegenseitigem Respekt vor der Leistung des anderen. Den zweiten Rang belegt
Kühlmaschinenhersteller Bitzer, der auf flache Hierarchien, attraktive
Vergütung und vielfältige Arbeitszeitmodelle setzt. Auf dem dritten Platz
liegt der Stahlkonzern Thyssenkrupp aus Duisburg.
Faire Unternehmen in beliebten Branchen
Etwa bei Uni-Absolventen sind die Unternehmen der Automobilindustrie als
Arbeitgeber beliebt - zu Recht, denn hier konnten gleich elf Firmen eine
Auszeichnung für ihre fairen Arbeitsbedingungen erhalten.
Für den Branchenprimus, den Münchner Pkw-Hersteller BMW, arbeiten Kollegen
aus 110 Ländern. Diversity wird hier genauso gelebt wie eine
Wir-Kultur: Geschlecht, Alter, Behinderung oder kultureller Hintergrund
entscheiden nicht über Karrierechancen. Den zweiten Platz belegt die
deutsche Repräsentanz des tschechischen Herstellers Skoda, der mobiles
Arbeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine familiäre
Atmosphäre bietet. Ford aus dem Rheinland setzt auf ein Arbeitsumfeld, in
dem sich jeder unabhängig von Geschlecht ethnischer Herkunft oder
Behinderung entfalten kann. Das Unternehmen hat die "Charta der Vielfalt"
unterzeichnet und ein "Disability Management" für erkrankte oder verunfallte
Mitarbeiter eingeführt.
Auch die Arbeit bei Modelabels ist für viele Bewerber ein Traumjob.
Bei Tommy Hilfiger finden sie dabei die fairsten Bedingungen. Das
Düsseldorfer Unternehmen fördert eine integrative, vielfältige und
dynamische Kultur. Auf dem zweiten Platz hinsichtlich Fairness, Arbeitsklima
und Unternehmenskultur landet Marc´O Polo. Bei dem Modelabel aus dem
bayrischen Stephanskirchen bilden gegenseitiger Respekt, Fairness,
Offenheit, Vertrauen und Verantwortung die Eckpfeiler der
Unternehmenskultur. An dritter Stelle steht das Bielefelder
Traditionsunternehmen Seidensticker. Kulturelle Offenheit und Toleranz
werden hier groß geschrieben.
Hintergrundinformationen
Die Siegel-Studie "Höchste Fairness im Job 2022" basiert auf einer
zweistufigen Untersuchung. Im ersten Schritt sammelte das IMWF Daten
mithilfe der Methode des sogenannten Social Listenings. Zunächst durchsuchte
der Studienpartner Ubermetrics Technologies deutsche und deutschsprachige
Domains inklusive Social Media (insgesamt 438 Millionen öffentliche
Online-Quellen) nach relevanten, öffentlichen Beiträgen in den Kategorien
Unternehmenskultur, Arbeitsklima und Fairness. Internetseiten aus Österreich
und der Schweiz waren von der Suche ausgeschlossen. Die rund 1,4 Millionen
Online-Nennungen aus dem Erhebungszeitraum vom 16. November 2020 bis zum 15.
November 2021 wurden schließlich an Beck et al. übermittelt und dort mittels
Verfahren der Künstlichen Intelligenz analysiert und kategorisiert.
Auf diese Art und Weise erhoben die Forscher Daten zu den 22.000 deutschen
Unternehmen. Die Dimensionen Unternehmenskultur und Arbeitsklima gehen mit
je 25 Prozent in die Wertung ein, Fairness mit
50 Prozent. Die einzelnen Punktwerte ergeben sich aus der Differenz der
positiven und negativen Nennungen geteilt durch die Gesamtzahl sowie der
Reichweite, also der Anzahl der Nennungen im Verhältnis zum Mittelwert der
Branche.
Im zweiten Schritt wurden den Firmen parallel zum Social Listening auch ein
Online-Fragebogen vorgelegt. Die ausgewerteten Fragen gaben ebenfalls
Punkte, die zu je 25 Prozent in die vier Kategorien Fairness gegenüber dem
Alter, gegenüber dem Geschlecht, bei den Aufstiegschancen und bei der
Entlohnung gewichtet wurden. Am Schluss wurden die beiden Erhebungen
gewichtet: Die Punktesummen aus dem Social Listening flossen zu 60 Prozent,
die aus dem Fragebogen zu 40 Prozent in die Gesamtwertung ein.
Die Ergebnisse wurden branchenspezifisch auf einer Skala von 0 bis
100 Punkten abgebildet. Der jeweilige Branchensieger erhielt 100 Punkte und
setzte damit den Benchmark für alle anderen untersuchten Unternehmen
innerhalb der gleichen Kategorie. Eine Auszeichnung erhalten die
Unternehmen, die mindestens 60 Punkte in der Gesamtwertung erreichen.
IMWF - Institut für Management- und Wirtschaftsforschung
Das IMWF wurde aus der Erfahrung heraus gegründet, dass die Ergebnisse
wissenschaftlicher Ausarbeitungen und Marktanalysen für Entscheider in der
Wirtschaft oftmals nicht die hinreichende Praxisnähe und Relevanz haben. In
Folge dessen bleibt die Unterstützung wissenschaftlicher Institutionen durch
Unternehmen oftmals hinter den Erwartungen der Lehrstühle zurück. Vor diesem
Hintergrund versteht sich das IMWF als Plattform, auf der Kontakte zwischen
Wissenschaft und Unternehmen geknüpft werden, die an fundierter Aufarbeitung
relevanter Management- und Wirtschaftsthemen interessiert sind.